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interieur

hingerissen, wirklich
einen moment lang zu denken, diese platte hören, wenn man stirbt. wenn alles zuende ist, auf diesen tönen, diesen melodien dahingleiten, dann weggleiten, das wäre schon was, das ist dann schon eigentlich peinlich (das mit dem moment lang denken). man ist schließlich keine 17 mehr.

dann aber einhalt: warum das eigentlich nicht denken? diese platte, die da so einfach aus dem scheinbaren nichts kommt, flottiert in einer leichtigkeit, quirlt dahin, bildet teppiche, sphären, reisen mit der unbekümmertheit eines augenschlags. mehr ideen pro minute als manch andere ihr ganzes musikantendaseinsleben lang nicht haben (geschweige denn umsetzen). also nochmal: warum nicht eigentlich wieder sowas denken dürfen? endlich mal weg mit der fassade des schnösels, weg mit dem checkertum des immer-schon-gewusst-habens, einfach nur mal einen moment lang hellwach sein, "moment mal" sagen und: "das ist ja großartig!" sich mal wieder nach langen souveränen jahren von einer platten auffangen lassen, von den wenigen tönen gar, die man von ihr bislang gehört hat, ganz einfach weil sich da ein urvertrauen einstellt, das umgehend klick macht. einfach nur wieder das wunder erleben, was musik in den synapsen anstellen kann. auch und selbst dann wenn alles archiviert, alles katalogisiert, alles abheftbar geworden ist. und dann kommt die und man ist wieder 17. im besten sinne, versteht sich.

das ganze in banal: stereolab haben eine neue platte. sie ist gut. (das eigentlich hier nötige "was auch sonst?" wird an dieser stelle nur mittels dieser relativierung kommuniziert)

implosion
zwischen knistern und knastern ein klein wenig morricone eingebaut. die weite der landschaft verliert sich im digitalen, zwischen bits und bytes. geht symbiosen ein. eine schöne platte.

gesinnungswandel
gestern noch gedacht: wenn der frühling ein herbst bleibt, dann ist mir das recht. das grau des himmels, das fahle licht. der geruch von kaffee in der eigenen wohnung, draußen das treiben: das war mir alles recht. willkommener zustand.

heute dann blauer himmel, sonnenschein. vergessen sind die reden von gestern. ich greife zum buch, der balkon wird zur option.

biorhythmus
morgens um halb sechs ist die sonne noch nicht aufgegangen, doch im fernsehturm, der am horizont aufragt, brennt bereits licht. weiß der geier, wer dort bereits werkelt. hier hingegen: eine unendliche langsamkeit nach einer kurzen, seltsamen nacht. an solchen tagen gelingt entweder großartiges oder aber man verlebt sie im verborgenen, mit einem buch in der hand, weit weg von allem.

die ersten autos reissen mich aus der lethargie. um sechs uhr fünfzehn sei sonnenaufgang, sagt man mir im radio.

rhythmus
vom bett aus kurz aufgeblickt und bemerkt, dass der baum da draußen - ein anderer als der bereits benannte - sich in diesem moment passend zur musik wiegt. morricone höre ich, das titelthema von il grande silenzio. einen moment lang schätze ich das, lese dann weiter. alles im lot.

innenraumverkleidung
durch nesselstoff hindurch scheinendes neonblau verheißt nichts gutes.

endzeit
plötzlich stille auf dem ukw-band. nun, nicht ganz. doch einige sender sind gestern nacht verschwunden. urplötzlich. man liegt so da, liest, hört nebenher. und dann: rauschen.

langes kurbeln am regler. die begehrten sender sind weg. an ihrer stelle nur triste lücken. dafür anderes entdeckt: einen fürchterlichen 80er jahre sender, der es sich zur aufgabe gemacht hat, nur das schrecklichste jener dekade zu spielen. und eine art piratensender oder so, der zwischen eher langweiligem elektronikgefasel was von antifaschistischen aktionen erzählt. und dann noch einen recht bizarren, der eine frauenstimme über den äther jagt, welche stocksteif - können stimmen überhaupt stocksteif sein? - von den menschenrechten erzählt, die hier und dann und dort nicht eingehalten oder als hemmnis angesehen wurden. hat sowas kadermäßiges, wie die sprecht, denke ich kurz, dann kurz der gedanke, dass vielleicht gerade revolution ist oder endzeit und du liegst währenddessen im bett und diese dort und die anderen haben buchstäblich in einer nacht- und nebelaktion die nun verschwundenen sender gestört.

revolution nachts um drei. draußen ist alles so merkwürdig still, der empfang bleibt weiter schlecht. rauschen aus dem radio. irgendwann dann antenne brandenburg entdeckt. die wären wohl die ersten gewesen, die man zu stören gewusst hätte. also doch nichts mit umsturz.

vielleicht ja nächste nacht.

neugierig, noch immer
der blick durch den spion, weil draußen das licht anging und man gerade im flur der eigenen wohnung stand. ganz ruhig bleiben, um sich nicht zu verraten. wie früher.

sie geht vorbei, hustet. ich schreibe es auf, warum auch immer.

stillstand
der blick durchs fenster nach draußen lässt eine weiße plastiktüte erkennen, die hoch droben in den zweigen des baumes dort mit dem wind kämpft. und das seit tagen schon. die leute, die darunter ihres weges gehen, bemerken ihr zetern nicht.der frühling, von vielen schon ausgerufen, findet hier noch in wolken-grauem ambiente statt.

die stunden sind endlos, ein gefühl wie verharren in der ewigkeit. townes van zandt und vincent gallo dehnen mit musik abwechselnd das gefüge der zeit. ein buch liegt bereit, der tee wärmt von innen. und draußen immer wieder die tüte im baum. der frühling beginnt mit ihrer niederlage gegen den wind, denke ich kurz.

 



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